Hinweis: Elizabeth Haysoms Äußerungen wurden vor der Ankündigung ihrer Freilassung durch den Bewährungsausschuss von Virginia verfasst.
Eine Mitteilung für die Deutschsprachigen
Zu der Zeit, als diese Webseite zum ersten Mal erschien, fanden sich auf dieser deutsche Besucher in etwa genauso häufig wie Amerikaner ein, und überholten sie schließlich mit großem Abstand. Ich hätte nie erwartet, dass Menschen, deren Muttersprache nicht die englische ist, hier die größte Gruppe darstellen würde, dies in offensichtlicher Anerkennung ihrer Sprachfähigkeiten (und vielleicht der ziemlich unzuverlässigen Hilfe durch den Google Übersetzer).
Aber um jedem zu helfen, der mit dem Englischen seine Mühen hat, so hat sich bei dieser Gelegenheit ein guter Freund dieser Webseite freundlicherweise dazu bereit erklärt, diesen Beitrag ins Deutsche zu übersetzen, wie unten zu lesen ist. Er ist ein hochqualifizierter Freiberufler und deutscher Muttersprachler aus Süddeutschland, aber eben nicht speziell ein Sprachwissenschaftler. Trotz allem wurde der Übersetzung besondere Sorgfalt und Aufmerksamkeit gewidmet, und ich habe das volle Vertrauen in ihre Genauigkeit, obwohl das englische Original natürlich die endgültige Version bleibt. Mein aufrichtiger Dank gilt ihm, und wir hoffen beide, dass es zumindest einige Personen hilfreich finden.
Bitte beachten Sie: Das Urheberrecht an diesem Text liegt bei Elizabeth Haysom und darf nicht ohne Genehmigung vervielfältigt werden. Das gleiche geistige Eigentumsrecht ist der Übersetzung als urheberrechtlich geschützte Bearbeitung mit Bezug auf § 3 UrhG beigemessen und befindet sich im Besitz des deutschen Übersetzers. Jede Vervielfältigung des deutschen Textes bedarf daher der Zustimmung von Elizabeth Haysom und des Übersetzers.
Einleitendes
Wie ich bereits feststellen musste, sind viele Menschen Opfer der unerbittlichen Lügen- und Verleumdungskampagne von Jens Söring geworden, aber niemand so schlimm wie Elizabeth Haysom. Nicht eine Unwahrheit über sie war schmutzig genug, um von ihm herausgebracht zu werden, die dann von seinen eifrigen Jüngern aus Virginia endlos weiterverwendet wurde (zuzüglich hingebungsvoller Facebook-Frauen, in Begleitung einer kleinen Gruppe blinder Fanatiker auf dem deutschsprachigen Forum); bis jetzt hat sie sich durchwegs wenig dazu geäußert und selten auf seine bösartigen Verleumdungen öffentlich reagiert. Zumindest teilweise mag es daran liegen, dass sie sich mit Schuld für ihre untergeordnete Rolle bei den Morden durchdrungen sieht, und zu Unrecht das Gefühl hatte, dass sie ganz einfach die ständigen Lügen über sich auszuhalten hatte, die über sie erzählt wurden – aber das ist reine Spekulation.
Dennoch schien es nun der richtige Zeitpunkt zu sein, Elizabeth die Möglichkeit zur Antwort zu geben, letztendlich mit ihren eigenen Überlegungen über den Fall und Sörings moralisch verwerflichem Verhalten, und ich freue mich mitteilen zu können, dass sie diese Einladung angenommen hat. Möglicherweise mag es überraschend erscheinen, dass sie unter den gegebenen Umständen nicht härter gegen ihn vorgeht, wozu sie jegliches Recht hätte, aber es sind schließlich ihre Gedanken.
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Betrachtungen: ein Gastbeitrag von Elizabeth Haysom
Während den letzten Monaten habe ich an einer Gruppe zu Auswirkungen auf Opfer teilgenommen. Die Gruppe war sowohl schwierig, als auch aufschlussreich. Ich war fassungslos zu erfahren, dass den Opfern von Gewaltverbrechen und deren Angehörige nur so wenige Rechte oder Schutzmaßnahmen nach dem Gesetz zustehen. Stattdessen ist das amerikanische Rechtssystem auf den Schutz der Angeklagten ausgerichtet, was natürlich ein wesentlicher Bestandteil ist, da zu viele unschuldige Menschen fälschlicherweise verurteilt und inhaftiert werden. Jedoch dadurch, dass den Angeklagten mehr Schutz beigemessen wird, werden die Opfer ambivalent behandelt. Sie haben deutlich weniger Schutz in den juristischen Spielarten des Systems.
Was das für die Angehörigen der Opfer in meinem eigenen Fall bedeutet hat (meine Geschwister, Onkel, Vettern und Cousinen, enge Freunde der Familie), ist die beinahe permanente Konfrontation mit dem Schrecken der Ermordung meiner Eltern. Anstelle trauern zu dürfen oder wütend sein zu können, mussten sie mit einem Ansturm öffentlicher Äußerungen, Interviews, Artikeln, Büchern, Anwälten, Filmemachern fertig werden – der ganzen Palette einer Wahre-Verbrechen-Unterhaltungsindustrie – zusammen mit grotesken, juristischen Machenschaften, die durch ihre Leben, ihren Schmerz, ihrer Privatsphäre stampften. Und das über 30 Jahre lang. Infolgedessen mussten meine Nichten und Neffen im Schatten dieser gnadenlosen Aufmerksamkeit aufwachsen. Sind wir uns sicherlich darin einig, dass die Verschärfung des Leids der Opfer niemals der Gerechtigkeit dient?
Weder hat, wohlbemerkt, dieses übergriffige Bombardement zur Wahrheit beigetragen, sondern vielmehr der Entwicklung einer Lüge Vorschub geleistet.
Als Schuldige bin ich vielleicht Freiwild, kaum etwas anderes als eine Frau am Pranger auf einem Marktplatz des Mittelalters. Dennoch malt Jens ein Selbstporträt in seiner verdrehten Geschichte, mit ihrer nutzlosen, nachträglichen Hässlichkeit und schlüpfrigen Verlogenheit. Er stellte sich rücksichtslos in der Verfolgung seiner eigenen Ziele dar.
Im Laufe der Jahre habe ich das Kippen einiger Fälle miterlebt, in denen nachträglich die zweifelsfreie Unschuld oder die Ermittlung als durch und durch unbrauchbar festgestellt werden konnte. In keinem dieser Fälle griff irgendjemand zu dem Mittel, unschuldigen Beteiligten etwas vorzuwerfen oder anzuklagen, insbesondere wenn diese nicht mehr am Leben waren und sich daher nicht mehr verteidigen konnten. Wenn wir genauer hinsehen, wer diese zu Unrecht verurteilten Menschen waren, würden wir feststellen, dass diese hauptsächlich ungebildet, oder psychisch krank waren, oder aus einer Minderheit stammten. Das System schützt die am besten, die eine große Anzahl an Hilfsmitteln aufbieten und anführen können.
Meine eigene Erfahrung mit der Polizei war, dass sie es, obwohl ich mich anfangs weigerte zu kooperieren, es zurückwies zu kommentieren oder Fragen zu beantworten, nie versäumt hat, sich an Wortlaut und Sinn des Gesetzes zu halten. Niemand nötigte mich zu etwas. Sicherlich war die Polizei frustriert und versuchte mich zu Antworten zu überreden, aber schließlich gaben sie auf und brachten mich in meine Zelle zurück. Sie brauchten mich auch nicht mehr, weil Jens alles freiwillig erzählt hat.
Unser Verbrechen war unkompliziert: Ich sorgte für das Alibi, während er meine Eltern besuchte. Ich war der Auslöser für seine Taten und half so, kostbare Leben kostbare Leben zu zerstören. Meine Handlungen waren abscheulich, und als ich damals aussagte, war ich noch nicht in der Lage, das ganze Ausmaß meiner verwerflichen Worte und Taten zu begreifen. Meine Absicht war es, bei der Wahrheit zu bleiben, aber ich konnte dieser Eigenschaft noch nicht vollständig gerecht werden. Schlimmer noch: Mit Erzählen dieser dummen Lügen über Kauf und Einnahme von Drogen gab dies Jens weiteres Material an die Hand, mit dem er seine Variante der Geschichte fabrizieren konnte, und er hat meine Momente des Versagens voll ausgenutzt.
Ich war lange nach meiner Verurteilung zutiefst deprimiert. Erschüttert von meinen eigenen Taten kehrte ich mich nach innen. Ich habe mir sehr wenige Gedanken über die unglaubliche Kraft der sozialen Medien gemacht und ihre Fähigkeit, neue Realitäten zu schaffen und zu gestalten. Ich habe versucht, dem katastrophalen Desaster meines Lebens einen Sinn zu geben, anstatt eine internationale Marke zu entwickeln. Ich dachte, was ich getan hatte, war überaus entsetzlich genug; es kam mir nie in den Sinn, dass dies in etwas noch Schlimmeres umgeformt werden könnte.
Im Laufe der Jahre konzentrierte ich mich darauf, mein Verbrechen zu verarbeiten, mich zu verändern und zu jemandem zu werden, der für etwas Besseres stehen könnte. Ich quälte mich ziemlich damit ab, wie ich jemals wiedergutmachen, jemals meine tiefe Reue gegenüber meiner Familie zeigen könnte. Ich konzentrierte mich darauf, meine Strafe abzuleisten und das Beste daraus zu machen, ich war mir nicht des vollen Umfangs bewusst, wie meine ganze Vergangenheit umgeschrieben wurde. Und ich unterschätzte den Einfluss dieser Vergangenheit – die wahre, oder nicht (wahre). Ich glaubte wirklich an die stetigen, mühsamen Details meines täglichen Verhaltens, der Entwicklung von Eigenschaften zu Freundlichkeit und Anstand, an harte Arbeit und Sorge um das Wohlergehen anderer – dass diese Taten lauter sprechen würden als die Worte von Jens.
Aber dies ist nicht die Welt, in der wir leben. Und ich bleibe weiter eine Außenseiterin darin.
Als alter Punk-Rocker mit ein klein wenig verbliebener Anarchie in meiner Seele (ich kann mir nicht vorstellen, woher die Leute die Vorstellung bekommen haben, dass Pink Floyd meine Lieblingsband war), war ich noch nie gut darin, mich anzupassen; ich bin nicht einmal gut darin, es zu versuchen. Ich bestehe weiterhin darauf, dem Rhythmus meines Herzens zu folgen, der aus dem Rahmen gefallen ist. Anstatt Sie mit voluminösen Worten zu umschmeicheln, Ihre Eindrücke zu leiten und für mich selbst in schamloser Selbstverherrlichung zu werben, werde ich Ihnen nur sagen, was ich stets zu erreichen suche: Aus meinen schrecklichen Fehlern zu lernen, das Beste aus meinen Umständen zu machen und die Werte meiner Opfer zu ehren. Und wenn ich in der Lage sein sollte, andere für das Gleiche zu ermutigen und dazu zu motivieren, ist dies umso besser.
Als ich 1986 in England als erstes verhaftet wurde, war ich isoliert und allein. Jedoch zu meinem Erstaunen kamen Schulfreunde, Familienfreunde, neue Freunde, die im Laufe von 33 Jahren zu alten Freunden wurden, und Familienangehörige zusammen, die sich an meiner Seite sammelten und zu mir standen. Diese Menschen mit wunderbaren und großherzigen Seelen haben geduldig darauf gewartet, dass ich Verantwortung für die Umstände meines Lebens übernehme. Ich kann mich daran erinnern, als ich noch zur Schule ging und mich mit einem ehemaligen Mathematiklehrer unterhielt. Ich hatte, wie üblich, über Dinge gejammert und er kränkte mich zutiefst, indem er antwortete: “Elizabeth, übernimm etwas Verantwortung für dein Leben!”
Ich hatte es damals nicht verstanden – nichts war nach meinem Verständnis mein Fehler. Über Jahre hinweg bedurfte es behutsamen Ansporn von denjenigen, die mich genug liebten, um mich aus meiner Mitleidstour zu entheben, um mein eigenes Tun zu erkennen und zu verstehen. Es ist überflüssig zu erwähnen, dass ich so viele Dinge hätte anders machen können, machen sollen.
Bevor ich jedoch in einer Teergrube der Selbstanschuldigung versteinere, habe ich eine Lektion anzumerken, die mich meine Opfer und Freunde gelehrt haben. Es geht darum, dass es keine Reue darstellt, sich in einem Morast aus Verzweiflung und Hilflosigkeit zu wälzen. Vielmehr bedeutet Reue, die unangenehme Wirklichkeit der Schuld zu verdauen, und es bedeutet auch, sich der Herausforderung zum Wandel zu stellen, ein besserer Mensch zu werden, anders zu leben. Ich habe immer noch Auswahl und Möglichkeiten. Wer ich sein möchte, welche Art Person ich bin, fällt weiterhin in meinen eigenen Bereich. Wenn meine Opfer und Freunde, die beherzte und freundliche Menschen sind, mir die schrecklichen Entscheidungen, die ich getroffen habe, mir mein Verhalten und all den damit verbundenen Verrat vergeben können – wenn sie denn nicht durch Wut, Bitterkeit, Hass, Zynismus abgewandt wurden, wie kann ich es dann wagen, mich in Selbstmitleid abtauchen zu lassen?
Erfreulicherweise haben mir diese bemerkenswerten Menschen auch verziehen, als ich ins Schwimmen und Schwanken geriet, während ich mich zu einer besseren Version meiner selbst durchlavierte. Denn ich habe mich nicht auf wundersame Art über Nacht verändert. Dies ist ein langwieriger, mühsamer, schmutziger Prozess gewesen, mit Stolpern von Fehler zu Fehler, abwärts auf einer löchrigen Straße, auf der ich es geschafft habe, in jedes Schlagloch zu treten. Doch meine Freunde und Familie bleiben standhaft. Sie zeigen, wie man ein Leben in Anstand lebt – eine unattraktive, altmodische Charaktereigenschaft, die ich erkenne und an ihnen enorm bewundere.
Mir wird klar, dass ich ungewöhnliches Glück gehabt habe. Nicht nur dass mir Liebe zugutekam, weise Menschen, die mich festhielten, als ich einknickte, ich konnte auch einige fantastische Möglichkeiten erleben. Ich liebe meine Arbeit über alles, in der ich beschäftigt bin – rechnergestütztes Zeichnen; ich war in der Lage, eine große Auswahl an entzückenden Hunden zu trainieren; meine Cousine Phyllis hat es mir ermöglicht, dass ich meinen Bachelor-Abschluss fertig machen und ablegen konnte; und mir wurde die Freiheit gewährt, angenommen zu werden. Mir sind Momente der Barmherzigkeit widerfahren, für die ich so dankbar bin.
Meine Eltern waren gute Menschen, voller Energie und Leben, sie liebten Bücher und Musik und hitzige Streitgespräche. Sie gingen ins Kino, Theater und in Musicals so oft sie konnten, und sie brachten mir ähnliche Leidenschaft bei. Mein Vater hatte eine Liebe für Eishockey; meine Mutter war geschickt in der Bearbeitung von Steinen. Er hatte eine unmögliche Handschrift; sie machte perfekte Geschenke. Meine Eltern waren großzügig, humorvoll, und außerordentliche Gastgeber. Sie waren Träumer und Abenteurer: sie träumten davon, die Welt zu besegeln. Mit seinem Amateurfunkgerät sprach mein Vater mit der Welt. Und wie alle Menschen waren meine Eltern unvollkommen, hatten Momente der Traurigkeit, Enttäuschung und Auseinandersetzung.
In keinster Weise haben sie ihren schrecklichen Tod verdient, und ich flehe um Verzeihung, sollte ich jemals in irgendeinem Sinn angedeutet haben, dass sie schuld an meinen Entscheidungen waren, die ich getroffen habe. Egoismus und die vergiftete Dynamik in meiner Beziehung zu Jens, meine eigene schwache Untätigkeit waren von Grund auf meine Rolle in dem Verbrechen. Letztendlich war ich Teil des Unheils und habe die Strafe völlig verdient.
Ich war wütend und zutiefst frustriert über die verworrene Realität, die Jens um unsere Beziehung und um unser Verbrechen herum aufgebaut hat. Ich habe jedoch seitdem mein Leben in der spartanischen Hülle des Gefängnisses fortgeführt, während meine Familie zur selben Zeit keinen sicheren Hafen und keine Abgeschiedenheit hatte. Und doch sind sie trotz allem aufgeblüht, weil sie außergewöhnliche Menschen sind, widerstandsfähig und gerecht. Es sollten Artikel darüber geschrieben werden, wie sie in so einer Würde zurecht gekommen sind und alles bewältigt haben, aber meine Familie wäre zu bescheiden und zu eigen, um ihrem emotionalen Staub Luft zu machen. Wie lang es für Jens und mich auch gewesen sein mag, es war für sie um vieles länger.
Daher bitte ich Sie, inmitten all dem Melodram um Schuldzuweisungen und Vorwürfen, in all dem Gerede um Begnadigung und Bewährung – darum, wer was verdient – bewahren sie sich einen stillen, sanften Gedanken an alle Opfer: die wahren Unschuldigen.
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